Titel: Schande
Autor: J.M. Coetzee
Nichts für sanfte Gemüter ist dieser Südafrikaroman. Er ist Vereinigung einer (leider einseitigen) Darstellung der gesellschaftlichen Nachwehen der Apartheid und einer psychologischen Studie eines gnadenlos narzisstischen Uniprofessors. Diesem fliegen zu Beginn des Romans seine Affären mit seinen Studentinnen um die Ohren. Er ergreift sprichwörtlich die Flucht, nämlich auf´s Land zu seiner auf einer Farm lebenden Tochter. Mit deren Lebenswandel ist unser Narziss ebenfalls nicht glücklich, braucht aber gleichzeitig dieses Refugium. Die Interaktionen zu den farbigen Pächtern auf der Farm kommen als zweiter Handlungsstrang hinzu. Sie spitzen sich immer weiter in ein Machtungleichgewicht auf Seiten der Pächter zu und münden im gewaltsamen Finale zu dem ich hier aber nichts verraten möchte.
Ob ich das Buch empfehle?
Schwierig. Wie bereits angedeutet finde ich die Darstellung der Südafrikaproblematik leider einseitig. Auf der anderen Seite war es wohl nie die Absicht des Autors eine politisch erschöpfende, faire gesellschaftliche Darstellung zu verfassen. Ich denke er möchte vielmehr eine Sicht der Dinge in einer Geschichte rund um eine persönliche Neuorientierung darstellen. Rein stilistisch enttäuscht der Nobelpreisträger Coetzee nicht, der Spannungsbogen ist gelungen und die Geschichte verfügt über genügend Umbruch, um nicht zu früh zu durchsichtig zu werden. Also würde ich in Summe sagen: Ja, empfehlenswert vor allem für politisch-gesellschaftlich Interessierte mit nicht zu sanftem Inneren.